Stammwürze und politische Würze beim SPD-Buagamoasta-Stammtisch in Ismaning

SPD Buagamoasta Stammtisch
© Ursula Baumgart

25. April 2023

„Vor wenigen Wochen hat die SPD im Landkreis München Alarm geschlagen, dass die Gemeinden finanziell nicht in der Lage sein werden, den gesetzlichen Anspruch auf Ganztagsbetreuung an Grundschulen ab 2026 zu erfüllen. Inzwischen hat die Staatsregierung ein kleines bisschen nachgebessert. Wie weit kommen wir denn jetzt?“ fragt Moderator und Landtagskandidat Florian Schardt bei Weißwürscht und Ismaninger Bier in der Ismaninger Hainhalle seinen Kreistagskollegen, den Unterschleißheimer Bürgermeister Christoph Böck.Der rechnet vor: „Statt zwei bekommen wir jetzt drei Millionen Zuschuss, was bei Baukosten von 74 Millionen für den Neubau der Grundschule, die damit fit für den Ganztag gemacht wird, ein Tropfen auf den heißen Stein ist.“ Damit stieß er ins gleiche Horn wie der Gastgeber, Ismanings Bürgermeister Alexander Greulich, der zum wiederholten Mal drauf hinwies, dass den Kommunen von oben immer mehr Aufgaben aufgedrückt werden, ohne ausreichend Geld für die Finanzierung bereitzustellen. Greulich ging aber noch weiter und übte scharfe Kritik an der immer unübersichtlicheren Förderlandschaft: „Wenn ich heute eine Schule mit Ganztagsbetreuung bauen muss, habe ich keine stichhaltigen und verlässlichen Vorgaben, wie und mit welchem Raumangebot ich planen soll und welche Kosten der Freistaat tatsächlich übernehmen wird. Wir planen und bauen förmlich ins Blaue hinein.“ Sein Garchinger Amtskollege Dietmar Gruchmann lobte, dass die Digitalisierung an Schulen nach Corona deutlich besser sei als zuvor, erinnerte aber auch daran, dass es von Schule zu Schule und sogar von Lehrkraft zu Lehrkraft große Unterschiede gäbe. „Es waren die Lehrkräfte, die sich in ihrer Freizeit selbst weitergebildet haben“, so Gruchmann, der selbst mit einer Realschullehrerin verheiratet ist. Stattdessen brauche es ein exzellentes Weiterbildungsangebot für alle Lehrkräfte. Mit Sarkasmus kommentierte Gruchmann das aktuelle Versprechen des Kultusministers, bis 2025 alle Kinder mit digitalen Endgeräten auszustatten: „Das werden dann wieder die Kommunen zahlen dürfen.“

Schardt hob die Leistung von Ismaning, Garching und Unterschleißheim bei der Energieversorgung hervor: „Alle drei haben eine eigene Geothermie, Unterschleißheim schon seit 20 Jahren.“ Wie es bei der Windenergie aussehe, wollte Schardt wissen. Für Gruchmann ein großes Ärgernis: „Wir wollen, aber dazu müsste der Einflugwinkel der Oberschleißheimer Flugstaffel um 60 Meter angehoben werden.“ Er machte keinen Hehl daraus, dass er dies für vertretbar hielte. Greulich ergänzte, dass man in Ismaning zusammen mit mehreren Nachbarkommunen seit über 10 Jahre Pläne habe, diese aber bisher immer an der vermeintlichen Nähe zum Münchner Flughafen scheiterten. „Die Technik hat sich längst weiterentwickelt. Auch die Deutsche Flugsicherung ist längst weiter“, es brauche jetzt einen Turbo bei den Genehmigungen. Schardt ergänzte, dass die neuen Regeln bis zu drei Viertel der vormals blockierten Fläche hergeben würden, ein Beleg dafür, dass sich vermeintlich in Stein gemeißelte Totschlagargumente unter politischem Druck sehr wohl verändern könnten. Darauf setzen auch Christoph Böck und die SPD-Fraktion in Unterschleißheim, die erst kürzlich einen entsprechenden Antrag in den Unterschleißheimer Stadtrat eingebracht hat. Einen Seitenhieb auf die Staatsregierung konnte sich Böck nicht verkneifen: „Für Atomkraft trommeln, aber Windräder verhindern. Das passt nicht zusammen.“ Einig waren sich Schardt und die drei Rathauschefs, dass Flächen in Autobahn- und Flughafennähe für Windräder aufgrund der ohnehin bestehenden Lärmbelastung gut geeignet sind und man die neuen Rahmenbedingungen wie andernorts auch in schnelle Genehmigungen übersetzen müsse.

Im dritten Teil fragte Schardt nach den Möglichkeiten, der Kommunen, für bezahlbaren Wohnraum zu sorgen. Dietmar Gruchmann nannte die massiv gestiegenen Baukosten als großes Hemmnis. „Selbst wenn wir das Grundstück kostenlos überlassen, kommen wir ohne Förderung auf 17 Euro pro Quadratmeter, was man kaum noch als bezahlbar bezeichnen kann.“ Trotzdem habe man in den letzten Jahren jede Gelegenheit genutzt. Mit der neu eingeführten sozialgerechten Bodennutzung sei es nun möglich, 30% an neu geschaffenem Baurecht für die Gemeinschaft abzuschöpfen. Eine ähnliche Regelung gebe es auch in Unterschleißheim, so Christoph Böck. Diese wurde bereits in seiner ersten Amtszeit eingeführt. In Ismaning gebe es hingegen kein schriftlich fixiertes Modell, aber man lebe des de facto seit vielen Jahrzehnten, begründet bereits unter Greulichs Vor-Vorgänger Erich Zeitler (SPD). So habe man es über die Jahre geschafft, einen relativ großen Grundstücksbestand für die Gemeinde zu sichern, was heute Spielräume beim Schul- und Wohnungsbau ermögliche. Aber auch Greulich verwies auf die hohen Baukosten. „Wohnungsbau ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe, an der sich Bund und Länder gleichermaßen beteiligen müssen.“ Dass der Freistaat vor 10 Jahren über 30.000 bezahlbare Wohnungen verkauft hat und man jetzt zu viel höheren Kosten und unter massivem Einsatz der Kommunen für Ersatz sorgen müsse, bezeichnete er als blanken Hohn. Ein Baugutachter aus dem Publikum zeigte sich immerhin optimistisch, dass die hohen Zinsen zur Folge haben könnten, dass die Kommunen günstiger als in der Vergangenheit an Grundstücke kommen könnten. Und mit Blick auf die Sozialgerechte Bodennutzung schlussfolgerte Schardt zum Ende der Veranstaltung, dass es „sehr wohl einen Unterschied macht, ob die SPD stark ist oder nicht. Sämtliche Regelungen, die die Gemeinschaft gegenüber den Grundbesitzern in eine bessere Position bringt, wurden von der SPD vorangetrieben, oft genug gegen erbitterten Widerstand durchgesetzt. Aber dafür braucht man eine Mehrheit.“

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